Es war für mich eine etwas andere Adventszeit dieses Jahr. Irgendwie war diese Zeit im Jahr ja schon immer stressig, weil alle Lehrer meinten, ihre Klausuren in die zwei Wochen vor Weihnachten zu quetschen, aber dieses Jahr war es mal eine andere Art von Stress.

Makro zu Besuch

Bei Intiwawa war die letzten Wochen besonders viel los. Zum einen hatten wir an einem Tag Besuch von den Hauptspendern von Intiwawa. Die Kinder und auch wir bekommen jeden Tag dort etwas zu essen und der Großteil der Lebensmittel wird von „Makro” einer großen Supermarktkette hier gespendet. Es kamen also um die 15 Mitarbeiter von Makro vorbei, um zu sehen, wie ihre Spenden verwendet werden und so weiter.

Die haben sogar Spiele mit den Kindern gemacht und auch einen Tanz vorbereitet wo mir auch leider ein kleiner Lacher entwichen ist. Aber das war schon der cute eigentlich, wie viel Mühe sich die Mitarbeiter gegeben haben.

Retiro

Außerdem hatten wir in der letzten Zeit ein „retiro“ also ein Treffen von allen Freiwilligen und Mitarbeitern von Intiwawa. Das hat eigentlich ziemlich Spaß gemacht, den ein oder anderen besser kennenzulernen. Wir haben da einige Aktivitäten durchgeführt, die teilweise geil waren aber teilweise auch echt enorm unangehm. Ich weiß auch nicht, wessen Idee manche von den Aktionen waren. Wir mussten zum Beispiel Leute auf dem Stadtplatz zum Tanzen bringen und dann halt mit denen tanzen. Es gibt Leute, die können das vielleicht, aber für mich ist das am äußersten Rand meiner comfort zone. Es gibt auch Videos davon, die bleiben aber ganz verborgen in der Galerie. Hoffentlich.

Unterricht

Ich habe zurzeit die gesamte secundaria, also um die 18 Kinder von 12-16 und bin damit auch maximal überfordert. Ich war in der Schule früher immer richtig froh, dass ich gerade nicht vorne stehe, wenn die Lehrer gerade ihre Lehrprobe hatten. Und jetzt war ich vor kurzem einfach selbst in der Situation. 

Der Coordinater von meinem Projekt kam in meiner Klasse vorbei, um sich meinen Unterricht anzusehen. Das war tatsächlich kein so geiles Gefühl und ich möchte es so gut wie es geht nie wieder erleben. 

Ne, das ist bisschen zu dramatisch, weil das Feedback eigentlich garnicht so schlecht war. Es fehlt mir halt schon sehr an Autorität, aber das wusste ich auch vorher schon:))

Ich hoffe einfach, dass nächstes Jahr mehr Freiwillige da sind und ich eine kleinere Klasse bekomme.Apropos Freiwillige. Die Freiwilligen hier in Intiwawa wechseln tatsächlich relativ schnell durch. Julia und ich sind mit unserem Jahr schon diejenigen, die am längsten bleiben. Viele bleiben „nur” für drei Monate oder ein halbes Jahr. Also mussten wir uns schon zweimal von Freiwilligen verabschieden, die mir schon echt ans Herz gewachsen sind und die ich sehr gerne mochte. Aber was soll’s, im Januar kommt eine neue „Ladung” die hoffentlich auch korrekt sind:)

Evaluaciones

Aber nicht ich wurde in den letzten Wochen getestet, sondern auch die Kinder, um die Fortschritte durch den Unterricht zu untersuchen. Wir haben also drei Tests mit allen Kindern gemacht in den Bereichen, die wir unterrichten: Mathe, Englisch und Communicación, also Spanisch. 

Ich dachte immer, es ist als Lehrer entspannt einen Test zu schreiben. Schließlich muss man ja nur dasitzen und schauen, dass keiner spickt. 

Ja ne. Dadurch, dass ich schon relativ viele Kinder unter meiner Verantwortung habe und der Raum, den ich normalerweise benutze, belegt war, war das gar nicht so einfach wie ich dachte. Der Raum war ziemlich klein und ich hatte keine Trennwände. Ich habe dann mein Bestes geben, mit Büchern irgendeine Art Sichtschutz aufzubauen, aber die Scheiße ist auch alle drei Sekunden umgefallen. Also so entspannt, wie ich mir das vorgestellt hatte, war das leider nicht. Das korrigieren war aber eigentlich ganz spaßig, außer, das die Ergebnisse bei mir relativ schlecht waren. Ich war schon bissl enttäuscht von den Ergebnissen, einfach weil ich mir zu viele Hoffnungen gemacht habe. Aber eine knappe Stunde am Abend mit pubertären Kindern und mir, jemand, der eigentlich kein Plan vom Unterrichten auf Spanisch hat, kann ja auch nicht zu so viel führen

Vorweihnachtszeit bei Intiwawa

Glücklicherweise haben wir bei Intiwawa aufgrund von Spenden die Möglichkeit, jedem Kind ein Weihnachtsgeschenk zu schenken, das bis zu 30 Soles (7,50 Euro) kosten darf. So haben wir „Lehrer” und mit den Wunschlisten der Kinder auf den Weg gemacht, um möglichst viele der Wünsche zu erfüllen. Da wir jetzt nicht sooo viel Geld zur Verfügung hatten, konnten wir die Sachen jetzt nicht in der Mall einkaufen, sondern sind eher auf so einer Art Markt gewesen.

Ich habe dort zum ersten Mal in meinem Leben einen Preis verhandelt, was tatsächlich gar nicht soo schlimm war, wie ich es mir vorgestellt habe. Immerhin waren es 5 Soles (1,25 Euro), die ich mir hier gespart habe. Absoluter Sparfuchs.

Auch wenn es in dem Moment manchmal ziemlich stressig war, weil 18 Geschenke sich doch nicht so leicht kaufen, wie gedacht, hat es im Endeffekt schon Spaß gemacht. Julia, Anaëlle (eine Freiwillige aus Frankreich) und ich haben uns verteilt und wirklich das beste gegeben, um das richtige für jedes Kind zu finden. 

Am Glücklichsten war ich, als ich endlich das Kuscheltier in Form eines Wasserschweins für einen meiner Schüler ergattern konnte. Er ist wirklich komplett obsessed damit und es gibt kein Arbeitsblatt von ihm, dass ich ohne eine Zeichnung von einem capybara zurückbekomme;)

Außerdem sollte auch jede Klasse irgendetwas für die Weihnachtsfeier vorbereiten, dass wir dann vorstellen würden. 

Als ich meine Klasse gefragt habe, worauf sie Lust haben, kam überraschenderweise die Antwort: “nada” (garnichts)  oder auch extrem kreativ:  “dormir” (schlafen). 

Geil digga, da hab ich natürlich richtig Bock, was mit euch zu machen. Naja, ich hab mich dann auf jeden Fall für den Klassiker entschieden und habe versucht, mit ihnen ein Krippenspiel zu erschaffen.

Das einzustudieren, hat mich teilweise wirklich komplett zum Ausrasten gebracht, weil ich mir das irgendwie leichter vorgestellt habe. Die Kostüme habe ich aus irgendwelchen extrem verstaubten Kisten aus letzten Jahrhundert rausgekramt und die sahen actually ziemlich lustig aus. 

Am Tag vor der Weihnachtsfeier, zu der auch alle Eltern eingeladen waren, haben wir Intiwawa noch fleißig als Team dekoriert und die letzten Geschenke eingepackt. 

Die Feier selbst bestand eigentlich nur aus den Vorstellungen der einzelnen Klassen (schon recht unangenehm war das) und dem Verteilen der Geschenke.

Kurz vor dem Eintreffen der Eltern mussten dann auf einmal noch 45 Geschenktüten mit Lebensmitteln für jede Familie abgefüllt werden. Warum wir das nicht am Tag davor gemacht haben, konnte sich dann zwar Keiner erklären, aber das ist halt die Organisation von den meisten Dingen hier;)Den Kindern zuzuschauen, beim Auspacken der Geschenke, die wir stundenlang ausgesucht und verpackt haben hat schon sehr viel Spaß gemacht. (Roy ist auch die ganze Zeit mit seinem Wasserschwein rumgerannt, so wie ich mir das erhofft hatte)

La Vid

Abgesehen von Adventgemeinden waren wir im letzten Monat auch in einer anderen evangelischen Gemeinde (La Vid). Unsere Spanischlehrerin der ersten Wochen hatte uns schon damals empfohlen hinzugehen, aber wir hatten nie wirklich Zeit dafür. Sie ist schon sehr anders, als das war ich gewohnt bin. Sehr rhythmische Lieder mit Schlagzeug und eine Predigt, die sich an machen Stellen eher wir ein aggressiver TED talk angehört hat. Aber grundsätzlich hat es mir dort schon gefallen. Die Leute waren mega herzlich und offen und die Lieder haben mich schon sehr berührt. Vor uns stand eine ältere Dame, die auch so mitgevibt hat, das war anders süß:)Es sieht dort generell einfach sehr nice und modern aus, aber trotzdem erkennt man, dass es eine Kirche ist. Ich werd die Wochen dort auf jeden Fall nochmal hingehen.

Das waren jetzt so die wichtigsten Ereignisse der letzten Wochen. Weihnachtsstimmung ist bei mir noch immer nich wirklich vorhanden, obwohl wir mittlerweile schon auf einem Weihnachtsmarkt waren und Plätzchen gebacken haben.

Zu meiner Verteidigung, das sind nicht unsere Plätzchen, sondern die einer Klasse in Intiwawa.

Trotzdem bin ich mal gespannt, wie es sich anfühlen wird Weihnachten so ganz ohne Familie und Freunde von Daheim zu verbringen. 

Vorallem in diese Zeit wandern meine Gedanken schon öfter an meine Lieben Zuhause.

Zum Abschluss möchte ich noch was machen, wovon ich mich schon seit einiger Zeit drücke. 

Und zwar habe ich auf der Webseite von ADRA eine Spendenaktion. 

Für die, die es nicht wissen: ADRA übernimmt für mich so ziemlich alle Kosten, die dieses Jahr so anstehen. Also das geht von Flug über Essensgeld zu dem Geld für unsere Miete. 

Ohne diese Unterstützung, wäre dieses ganze Jahr für mich überhaupt nicht möglich gewesen, da ich nunmal kein Geld kacke. 

Es ist zwar keine Verpflichtung für mich, dass ich dieses Geld zurückgebe, aber es fehlt bei ADRA dann eben an anderen Stellen. Deswegen möchte ich wenigstens einen Teil zurückgeben.

Wenn ihr also die Möglichkeit habt, ein paar Euros zu meiner Spendenaktion hinzuzufügen, wäre ich sehr zu Dank verpflichtet:)

Das wars jetzt erstmal für dieses Jahr von mir. Ich wünsche ganz wunderbare Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr vom anderen Ende der Welt:)

dramatic

6 Comments

  1. Hey vielen Dank Johanna für Deine authentischen Reiseberichte! Ist für mich noch der spezielle Reiz weil ich in Arequipa 3 Wochen war, was für Europäer ja schon recht viel ist…(auch wenn nun 40,5 Jahre her! – da war ich in ähnlichem Alter wie Du) Wir waren ja zum Bergsteigen (Chachani, Coropuna)
    Das Gefühl von Heimweh kenne ich. Es trifft wohl jeden hin und wieder. Und es kommt und geht, wie Wolken ziehen…
    Ich wünsche Dir (euch allen) ganz schöne Weihnachten und fröhliches Beisammensein!
    Big Hug
    Mariella

    1. oh crazy, chachani steht auch noch auf meiner Liste für meine Zeit hier:)
      Ja das mit dem Heimweh hab ich auch gemerkt. Ja länger ich hier bin, desto mehr verschwindet es auch:)
      Danke dir!

  2. In diesem Sinne: danke fürs update und schonmal frohe Weihnachten!
    (Schick mal das Video mit dem Straßentanz (ich schicks auch nicht weiter, mir kannst du vertrauen))

  3. Liebe Johanna, vielen Dank für “Adventszeit ohne Schnee”. Ich habe das Lesen wie immer genossen… Das Video vom Tanz auf dem Stadtplatz hätte ich allerdings schon gerne gesehen… 😉

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